2006-09-11

Türsteher

Ein feines Abfallprodukt davon, wenn man sich schon von drei Katzen die Haare vom Kopf fressen, sich die Katze'klosteine aus dem letzten Hemd pressen und sich auch sonst nett terrorisieren lässt, sind die Verhaltensstudien, die man ins Haus geliefert bekommt. Darüber könnte man nebenbei ganze Bücher schreiben. Heute möchte ich das Kapitel über die Türsteherqualitäten von Fellträgern im einzelnen behandeln.

Grundsätzlich gilt und nicht nur für meine tieffliegenden Fellträger: will Dich die Katze nicht im Haus haben, kommst Du auch nicht zur Tür herein! Ich kenne die Geschichten von Briefträgern und Hunden und die Sorgen, die letztere ersteren bereiten können. Wie Katzen es schaffen, viel häufiger, viel brutaler und viel endgültiger Türeinsteiger in die Flucht zu schlagen – ohne dass ständig in sommerdurchlöcherten Medien über sie berichtet wird – wird mir immer ein Rätsel bleiben.

Die neue Katze, offiziell unter Lino laufend, aber auch sehr talentiert nicht auf Namen wie „Lino-Lux“, „Held“, „mein Prinz'“ und „Wonneproppen“ oder „mein Süßer° hörend (ich bin ihm gegenüber noch etwas sensibel verklärt und mir über die andauernde Geschmackslosigkeit dieser Nicknamen bewußt. An den Namen muss ich noch stark arbeiten. Aber „Red Label“ steht ihm nun mal nicht!), geht grundsätzlich immer zur Tür, wenn's klingelt oder sich etwas im Treppenhaus tut und fixiert die Dinge, die sich nur ihm offensichtlich ersichtlich hinter der Tür ereignen.



Gerne würde ich ihn an dem Tag, wenn mal wieder die regelmäßige GEZ-Begehung stattfindet, auf ein Podest stellen und ihn in Mannhöhe mit dem Blick aus seinen türkisfarbenen Augen den GEZler beim Nachbarn gegenüber an die Tür nageln lassen!

Dummerweise wird der Kater nach dem ersten „Wow, ist das ein Viech!“-Gedanke, den die meisten Menschen dann taktvoll lauter in ein „Na, Du bist ja ein stattliches Exemplar!“ umbauen (und alle die ihn kennen, mittlerweile in „Lino, mein toller Kater, wie geht es Dir, wo ist Deine Bürste?“ schnurren (ich meine, könnten mir meine Freunde nicht wenigstens noch ein „Hallo creezy!“ schenken, bevor sie mich links liegen lassen?) zu einem begeisterten niedlichen Kater, der alles liebt, was vor meiner Wohnungstür abhängt.

Die eine Katze, Talytha, als sensibel bekannt, legt schon empfindsam gestört die Augenpartie in Falten und die Ohren an, wenn sich etwas die Treppe über den ersten Stock hinaus nach oben schleicht. Einschließlich dem Nachbar, der nun etwas länger im Haus uns gegenüber wohnt als sie selber. Gegen seine Freundin hat sie nichts, aber ihn hat sie für sich als zu laut und mächtig eingestuft. Dabei ist der ganz nett und auch Katzenbesitzer, währenddessen sie eine keifende Zicke ist (aber auch Katzenbesitzerin). Nun, spätestens jedoch wenn es klingelt, ist Tally unter dem Bett oder ihrem „hier wird die Katze sofort unsichtbar“-Zauberkatzenstuhl verschwunden. Und hat die Tür nie gesehen. Und die Tür sie nicht.

Nishia ist die Tür an sich herzlich egal. Solange sie rausflitzen kann, wenn diese auch nur 0,23 mm weit auf geht. Oder lustige Menschen durch sie hindurch treten. Am liebsten mag sie die mit Werkzeugkoffern, die sie auch sofort nach dem Öffnen durchsucht. Selbstverständlich erst nachdem sie den Handwerker ihres Vertrauens zum Ort der defekten Telefonleitung/Waschmaschine/Heizungsventil/
abzuschleifende Fenster etc. geführt hat, die ordnungsgemäße Fehlermeldung abgegeben hat und knallharte Fehleranlayse und Reparaturvorschläge geliefert hat, die regelmäßig mit einem arroganten „ich würde es ja selber viel besser und ordentlicher machen als Sie, aber meine Pfoten … Sie verstehen?” enden.

Doch ja, seit Nishia im Haus ist, bleibt mir nur noch den Handwerkern zwischendurch mal den Angstschweiss von der Stirn zu tupfen und ein „sie ist eigentlich ganz lieb!“ zu flüstern und abschließend „Danke!“ zu sagen. Das ist auch praktisch.

Gestern kommt der Nachbar gemeinsam mit der Freundin die Treppe hoch, sie sind richtig laut. Der Kater sitzt vor der Tür, Talytha will schon von der Küche nach links ins Zimmer zum rettenden Bett flitzen, sieht den Kater dort sitzen, bremst ab, steuert ihn an (offiziell sind wir noch nicht so weit, als das wir den neuen Kater ansteuern würden), gibt ihm einen zärtlichen Stups auf die Nase mit ihrem Schnäuzchen und brettert ihre Breitseite einmal elegant an seiner entlang, dreht ab und verschwindet gelassen in ihrem Zimmer.

Was geht da denn ab?

14 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Altweibersommer!

Kirsten hat gesagt…

Ich habe gestern von meiner derzeitigen Mitbewohnerin eine interessante Geschichte über Seelenwanderung von einer Katze zur anderen gehört. Vielleicht hat es damit was zu tun? ;-)

daniela hat gesagt…

Hach. Katzengeschichten sind immer toll.
Du erzählst so, dass Bilder vor meinen Augen entstehen.

Beim lesen gegluckst hab ich allerdings nur bei Kirsten, hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass aus ihrer Kaspar-Episode mit jedem Satz das "ich bin auf dem Weg, Katzenfan zu werden" heraustriefte *g*

daniela hat gesagt…

Da fällt mir ein - gibt es eigentlich eine einzige Katze auf der Welt, die KEINE Angst vor dem Staubsauger hat?!

creezy hat gesagt…

Liebe Daniela,

glaubst Du allen Ernstes Nishia hätte Angst vor dem Staubsauger? Nishia hat gar keine Zeit um sich mit solchen trivialen Gefühlen auseinander zu setzen. ;-)

@mcwinkel
Und der tut's auch bei den kastrierten Modellen? ;-)

@kirsten
Nun, sie wirken noch beide sehr Seelenunausgetauscht, aber ich werde das beobachten. Wie geht die Geschichte genau? ;-)

@daniela
Ja, die Geschichten von kirsten waren auch zu gut – ihr Glaube nicht in Caspers System gefangen zu sein bis ans Ende aller Tage … ;-) Ganz großes Kino!

Kirsten hat gesagt…

Heeeeeeee! Ganz ehrlich: Ich hätte Kasper am liebsten gebraten. Glaub mir aber sowieso keiner hier, fürchte ich.

Die Geschichte geht so, dass die eine Katze sehr schreckhaft und ängstlich war, der Kater aber ein Hallodri vor dem Herrn. Leider ist der dann gestorben und nach einer Weile hat die Katze dann seine Persönlichkeit angenommen: ist auf seine Lieblingsplätze gehüpft, war nicht mehr scheu und hat vor allem ihren bisherigen Lieblingsplatz aufgegegen, um sich als neuen Lieblingsplatz den des verblichenen Katers zu wählen. Vielleicht geht da ja auch, wenn die noch leben?!

Anonym hat gesagt…

"Die neue Katze, offiziell unter Lino laufend ..."

Du meinst sicher unter Linux laufend. Kein Wunder, det die Kiste nich' macht, wat 'se soll! Belehrt mit ausgestrecktem Fellfinger das blitzeblankgeputzte Fenster's.

bhuti hat gesagt…

@Kirsten: von wegen Seelenwanderung. Wahrscheinlich ist die Katze schlicht aufgeblüht weil der olle Macho endlich weg war ;-)

bhuti hat gesagt…

Okay, ich bekenne mich schuldig der Verwendung absolut schwachsinniger Katzenkosenamen. Sensibelkatz, von den vorherigen Dosenöffnern Toulouse genannt, wird seltenst so angeredet. Gängiger sind da Schätzeken, Möppelchen oder Mäuselinchen.

Kirsten hat gesagt…

Ich könnte noch: "Na Du kleiner Scheißer" hinzufügen. ;-)

creezy hat gesagt…

@Kirsten
Du kleiner Scheisser (auch gerne genommen: Du kleine Scheissmaus) ist immer schön und vor allem in den fünf Minuten nach Stinkanfall passend.

Was bei den beiden Katzen da stattgefunden hat (bzw. bei dem Rest von den zweien) würde ich aber auch eher als glückliche Revierübernahme und inovatives Heldengefühl interpretieren. Manche sind einfach unglücklich zu zweit. ;-)

@buthi
Sag mal, ist es nicht pervers, dass wir unsere Katzen Schneckchen oder Mäuschen nennen (ich nehme mich da ja nicht aus)? Irgendwie …

bhuti hat gesagt…

absolut pervers, absolut

Etosha hat gesagt…

Mal ganz von der Geschichte abgesehen: Ein ganz großartiges Foto!

creezy hat gesagt…

@etosha
Vielen Dank! ;-) Ist aber auch ein großartiges Katertierchen!

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