2017-05-22

Apulien, die Dritte – Masseria Il Frantoio

Liebe – vom ersten Moment.

Die Gastfreundschaft, die ich in den wenigen Tagen meines Apulienaufenthaltes erlebte, war groß. Und voller Qualität. Wann immer sie sich gemeinsam mit einem Essen zeigte, mit den intensiv schmeckenden Produkten dieser reich beschenkten Region und ihren Köchern, die daraus etwas zauberten, war man eben … verzaubert. Okay – ich weiß nun, was es heißt italienische Küche erfahren zu haben. Und das ist wirklich etwas ganz anderes als hierzulande ein sehr gutes italienisches Restaurant zu besuchen. Vor Ort sein, an Artischockenfeldern vorbei zu fahren, überall die kleinen Gärten der Pugliesen zu sehen, die Olivenbäume … oh, diese Olivenbäume (sie werden noch ein eigenes Blogpost bekommen – aus Gründen!), das ist ein ganz anderes Erleben. Wer einmal in diesem Salento gegessen hat, wo selbst einfachste Küche eine Wirkung hat wie Opium, überakzentuierte Sterneküche wird man kaum missen.



Der Sonntag hatte es in sich, volles Programm vom frühen Morgen an bis hinein in den späten Abend. Und zwischendurch besuchten wir ein Paradies: die Masseria Il Frantoio. Ein Gut, das unterschiedliche Produkte dieses Landes biologisch produziert, das Gäste willkommen heißt zum dort wohnen, feiern und essen. Wir waren eingeladen und schon vom ersten Moment an, war ich in dieses Stückchen Land bis über beide Ohren verzückt, verknallt, verschossen. Naja, seht selbst:





Die Begrüßungsrede von Luciano hatte ich beinahe verpasst, ich musste doch den Fiat fotografieren. Ein Topolino irgendwas um die 1940iger Jahre. Ein Träumchen, wenn auch leider eine zärtliche Hand der aufmunternden Pflege ihm leider noch nicht zuteil geworden war. Aber wie dem auch sei: man fährt wenig standesgemäß im Bus vor dieser Masseria Il Frantoio vor – und das (fast) Erste, was man sieht, ist dieser Fiat.





Luciano (der womöglich auch Luicinao heißen mag) begrüßte uns herzlich, erzählte uns von der Geschichte dieses Gutes, erbaut 1500, erweitert 1800 – das einst danieder lag, aufgekauft worden war und zu einem kleinen Träumchen wieder aufbereitet wurde. Auch die Geschichte von Luciano selbst, wie sein alter Schulfreund ihn, studiert aber in Italien ohne Aussicht auf einen Job aus der Arbeitslosigkeit zur Masseria holte, scheint stimmig mit der Emotion, die uns die nächsten Stunden empfing. Eingeladen das Grundstück zu betreten, empfing uns ein Gehöft in edlem Weiß, ganz zurückhaltend aber sehr liebevoll gestaltet. Nach Hause kommen.





Nach einem Besuch des angrenzenden Gartens durften wir im Hof den Aperitif zu uns nehmen, einen wundervollen Weißwein voller Charakter, unfassbar leckere Oliven, leicht gesalzene Mandeln.



Man hätte mich dort problemlos die nächsten drei Stunden sitzen lassen können, ich wäre zufrieden in den Bus gestiegen.



Aber nein! Als nächstes wurden wir in das Museum geführt.



Drei alte Olivenpressen in einem Kellergemäuer,



so wie im Salento auch heute noch hier und dort Olivenöl gefertigt wird: unterirdisch, erzählten von früheren Tagen und überall in dem Raum an den Wänden, in den Ecken erzählten liebevoll zusammen getragene Gegenstände von früheren Zeiten.





Alles das ganz unpathetisch. Zeitlos. Spannend, wie sie in der Masseria diese Kurve kriegen!

Schon waren wir eingeladen zum Essen. Was für ein Essen! In welcher Location!







Wir wurden in einen Raum geführt, eingedeckt, dass einem das Herz hüpfte – wieder ein Raum, der voller Antiquitäten winkte und im Hintergrund lief auf einem der Mono-Plattenspieler die Schallplatte von Bob Dylan! Das Menü …

Pizelle col sughetto
(Frittierte Hefebrötchen mit Tomatenpaste)



Gamberi in pastella con crema die peperoni al piccante
(Frittierte Gambas im Teigmantel mit einer pikanten Peperonicreme)



Cicorielle selvatiche „assis” in cesto in pecorino
(Zichorie (Gemeine Wegwarte) in einem Käsekorb aus Pecorino)





Dazu einen Weißwein Cré, Minutolo, IGT Salento Vetrère von 2015 mit lächerlichen 13 Prozent auf dem Buckel. (Oh ja! Sonntagmittag, strahlender Sonnenschein, um die 20 Grad – was soll schon passieren?)



Gefolgt von – nun einer Rotweinbegleitung – Primitivo e Aglianico, IGP Puglia, BIO Colli della Murgia. Selvato 2013. 13,5 Prozent (war aber jetzt auch egal.) Entschuldigung aber wer jemals Rotweine aus dem Salento getrunken hat … kann mir jemand erklären, welchen Sinn Rotweine aus Kalifornien oder Neuseeland ergeben sollen? Also hierzulande – und damit meine ich Europa? Was ist der Sinn, wenn schon alleine dieser kleine geographische Teil Italiens solche Weine produziert? Ich verstehe es nicht! Die spielen in einer so tiefgründigen, gleichzeitig hochwertigen Liga.

Zum:

Agnello in forma con rucola e patate
(Lamm in Blätterteig mit Ruccola und Kartoffeln [mit Kurkuma übrigens, sehr fein. Merkt Euch das ruhig: öfter Kurkuma an die Knolle!])



Quando il sospiro è alle fragole ‘46
(Fragt mich nicht nach der Übersetzung – aber das ist eh nicht zu beschreiben, außer: weiß, zart, fluffig wie eine Elfe mit Erdbeere mit echtem Erdbeerengeschmack. Nicht übersetzbar.)



Rosoli (Likör)



Die Masseria behält sich nämlich vor besonderer Produzent eines Olivenlikörs zu sein.



Das finde ich an sich sehr apart, denn meine Liebe zu allem, was mit Olivenöl zu tun hat ist in diesen drei Tagen ins Unermessliche gewachsen (was auch mit mir zur Seite gestellten reizenden Übersetzerin Cosima Santoro gelegen hatte, die nicht nur geschichtlich eine wahre Kompetenz innehält, nein, sie ist zudem auch Olivenöl-Produzentin und hat ihr Fachwissen ausgiebig mit unserer Reisegruppe geteilt.) Natürlich durften wir auch die vier von der Masseria Il Frantoio produzierten Olivenöl verkosten (und einkaufen),



was ich von nun an mein Leben lang tun möchte: Olivenöle verkosten. Ich werde Olivenölsommelierin! Oder Olivenölsommelieuse! Jedenfalls –zurück zu den Likören – mochte ich hier mehr den Limoncello. Habe ich noch nie so einen Guten getrunken. Lag aber bestimmt auch mit am blauen Himmel, am Hof, am Fiat vor dem Tor … ach!

Aber was auch immer: sollte ich in diesem Leben doch noch einmal heiraten, dann wird dort gefeiert – und nur dort. Denn mehr Liebe kann man als Gast vermutlich gar nicht vermittelt bekommen als in dieser Masseria Il Frantoio.

Apulien, die Erste: Ostuni
Apulien, die Zweite: Die Dune Costiere

Disclosure: Drei Tage durfte ich auf Einladung von Carmen Mancarella (Chefredakteurin Spiagge, Kultur- und Tourismusmagazin Apuliens), Tourismusagentur Pamela Piaggi und dem Grand Hotel Masseria Santa Lucia Gast sein im Salento, um erstmals Apulien und seine Menschen kennenlernen. Und erlaube mir nun Euch mitzunehmen auf meine (viel) zu kurze Reise.

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