2016-07-28

Gestern beim Tierarzt …

… die kleine bunte Katze hat mal wieder Magen. Kommen wir aus der Behandlung und warten auf die Rechnung, sitzt da eine Frau mit ihrem Hund im Wartezimmer, er groß, im radikalen Sommerschnitt, sonst Lockenansatz in Schwarz-Weiß. Ein Träumchen von einem Hund. Sie sitzt auf der Bank, er sitzt vor ihr. Guckt sie an. Und sie dirigiert ihn nur mit ihren Blicken in Richtung: „Sitz!”, „Platz!” Der Hund ist gut in Bewegung, sie spricht kein Wort und jedes Mal, wenn er ihren Blick richtig deutet und macht, was sie wollte, gibt's was aus der Tüte. (Es gibt oft was aus der Tüte.)

Tally und ich gucken ihr eine Weile zu. Sie ahnt die unausgesprochene Frage. (Mein Blick!) Und sie erklärt mir, das wären Sensibilisierungsübungen. (Ich denke so bei mir, das sind Wahnsinnsübungen 4.0.) Und antworte ihr dann nur trocken:

„Kenne ich. Kennen wir Katzenbesitzer auch. Sehr gut sogar. Das machen die Katzen immer mit uns. Also … uns angucken und wir reagieren.”

2016-07-27

Liebe K.

Herzlichen Dank für die unverhoffte so schöne Post heute! Ich habe mich sehr gefreut, auch weil's ein Herzenswunsch war – und wir nun 'nen Satz teilen! Merci!

Die Dumpheit des deutschen Politikers ist unermüdlich

„Waffenverkauf im Darknet": verbieten! „Umbau von sogenannten Theaterwaffen (ehemals scharfe Waffen für Film/Theater umgebaut zu nicht scharfen Waffen, im Darknet (oder sonst wo auf dem schwarzen Markt, ist ja nicht so als bräuchte man das Internet zwingend dafür) wieder zurück gebaut zur scharfen Waffe illegal verkauft”: verbieten!

Für all das gibt es bereits Verbote und Richtlinien (yep, sogar für den neumodischen Darknet-Kram). Werden nur nicht eingehalten, weil sie nicht kontrolliert bzw. Vergehen verfolgt werden können. Weil das Ermittlungspersonal fehlt. Weil den Ländern und Kommunen die Gelder fehlen für mehr Personal. Weswegen fehlten die Gelder für mehr Personal? Weil Politiker ihnen die Haushalte zusammen streichen auf Teufel komm raus.

Und was ist die Antwort vom Politiker, wenn seine Richtlinien nachweislich nicht befolgt werden?

Neue Richtlinien schaffen! Weil kann man ja wieder viele neue schicke AGs schaffen, die Richtlinien bewerten und befreundete Experten reinholen in den Politikersumpf, die dann als Experten prima Sitzungsgelder abzocken, die später dann wieder fehlen, wenn wir die Richtlinie einhalten wollen würden.

Ey, so ultimativ penibel wie deutsche Politiker können sich nicht mal Katzen in den Schwanz beißen. Naja, ist immerhin auch 'ne Kernkompetenz.

2016-07-26

Traurig

Gestern war ein trauriger Tag. Ein Mensch, einer dieser guten, so angenehmen Menschen, lange bekannt in unserer Bloggerszene, hatte für sich keine Kraft mehr aus seinem Leben die Kraft für sein Leben zu ziehen und ist gegangen. Mit einem Abschiedsbrief in seinem Blog formuliert. Meldung an die zuständige Behörde, die Suche, viele hoffnungsvolle gut gemeinte Tweets an ihn gerichtet, die er wohl längst nicht mehr lesen konnte. Mittags die traurige Gewissheit.

Zu den Tweets möchte ich später etwas schreiben. Generell zu dem, was man tun kann, begegnet man selbst der Situation nicht mehr zu können – oder begegnet man einem Menschen, der das von sich selbst sagt. Oder von dem man das unbestimmte Gefühl hat, er könne sich etwas antun. Simple praktische Tipps.

Der Text ist sehr lang. Sich vorher eine Tasse Kaffee zu holen, kann eine sinnvolle Maßnahme sein.

Suizide sind in Deutschland die häufigste nicht natürliche Todesursache. Also noch weit vor Autounfällen und Tötungsdelikten. Hierzulande sterben mehr Menschen in einem Jahr durch Selbsttötung als durch alle Verkehrsunfälle, AIDS, illegale Drogen und Gewalttaten in einem Jahr zusammen. Seit 2007 steigen hierzulande die Suizid-Zahlen wieder, aktuell liegen vom Statistischen Bundesamt die Zahlen bis zum Jahr 2013 vor. So starben 2013 10.076 Menschen durch einen Suizid ABER über 100.000 Menschen haben in dem gleichen Jahr einen Suizidversuch begangen. Wie immer bei solchen Zahlen, ja, es gibt noch eine Dunkelziffer.

Quelle: Suizidprävention Deutschland.

Suizide kündigen sich sehr oft an. Auch sehr oft sind sie vorher gar nicht spürbar für das Umfeld, nicht einmal zwingend für den Menschen, der selbst aus dem Leben scheiden wird. (Hinterher ist man meist schlauer.) In einem Moment in dem ein Mensch äußert, keine Hoffnung für sich und sein Leben zu sehen, nicht mehr zu können; vor allem einhergehend mit der Meinung, niemand könne ihm noch helfen – sollten Partner, Eltern, Freunde, Kollegen, Arbeitgeber sehr hellhörig werden. Je früher man hinhört, um so besser. Übrigens auch für einen selbst. Denn ein Suizid/Suizidversuch im eigenen sozialen Umfeld, das macht immer auch etwas mit einem selbst.

Das ist dann übrigens der Moment in dem man sich Sätze wie „Ach komm schon, ist nicht so schlimm. Jeder hat mal so dunkle Momente.” besser für sich behält. Alleine zum weiteren Aufbau des Vertrauens.

Suizidprävention ist möglich, sehr gut möglich mittlerweile – lässt man diese Menschen in ihrer Not nicht alleine. Dazu gehört zum Beispiel, dass man die Person, wenn man so ein dummes Bauchgefühl hat, direkt fragt: „Muss ich mir Sorgen machen?” (Vorzugsweise stellt man die Frage im direkten Gespräch, Mimik erzählt hier nämlich viel.) Nicht wenige Menschen, die sich selbst töten, waren zwar vorher in ärztlicher Behandlung, sind dort nicht immer ehrlich zu sich selbst gewesen. Und deswegen sollte man diese Frage nicht lapidar nebenbei (am Telefon, im Chat) stellen. Diese Frage direkt zu stellen, die Person dabei lange anzugucken und ihr lange Zeit zum Antworten geben – sind gute Hilfsmittel, um jemanden dazu zu bringen, darüber nachzudenken, wie weit er gedanklich bereits einem möglichen Suizid ist. Womöglich beantwortet er diese Frage im zweiten Anlauf viel ehrlicher. (Patienten ist oft gar nicht selbst klar, wie weit fortgeschritten sie eventuell schon sind mit ihrem Wunsch nach Ruhe.) Und „Muss ich mir Sorgen machen?” ist eine Frage, die man im Prinzip nur mit „ja” oder „nein” beantworten könnte. Das tun aber die wenigsten Personen und deswegen liegen in der meist unbewusst gegebenen längeren Antwort sehr viele Informationen für den, der zuhört. (Der dann auch zuhören sollte und nicht selber reden sollte.)

Ja, die therapeutische Situation – liegen einem möglichen Suizid psychische Erkrankungen zu Grunde – in in Deutschland leider immer noch im Status Unterversorgung. Dennoch sind die Schwellen für Therapiezugänge gerade im akuten Bedarf deutlich niedriger gestaltet worden. Man bekommt in diesem Land Hilfe, nicht immer ganz leicht; daher ist es notwendig auf sich zu achten und sich frühzeitig um sich selbst bzw. den Betroffenen zu kümmern. So oder so gilt eines: vom Depressiven wird auch immer etwas eigener Aktionismus erwartet. Das ist natürlich wahnsinnig schwer – aber eben auch genau richtig.

Krankenkassen
Die meisten Krankenkassen kennen die Notsituation in der psychiatrischen Versorgung Deutschlands. Die kennen auch die Folgekosten, die vor allem durch missglückte Suizidversuche auf sie zukommen könnten. Sie haben daher ein sehr großes Interesse jemanden rechtzeitig in die für ihn notwendige Behandlung zu bringen. Wer also nicht weiß, wohin er sich wenden soll – für sich selbst oder Angehörige – wer im akuten Stadium gar nicht die Kraft hat x-viele Therapeuten anzurufen bzw. „abzuklappern”, kann sich an seine Krankenkasse wenden. Die allermeisten großen Krankenkassen haben hier bereits gut funktionierende Notsysteme für die Patienten installiert.

Ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen. Als ich 2013 nicht mehr konnte – ich war im Vorfeld schon selbst aktiv auf der Suche nach einem Psychiater (meine Ärztin war verstorben) bzw. Therapiesuche (die dritte Therapeutin, bei der es gerade gut aussah, bekam mitten in unseren Vorgesprächen eine Krebsdiagnose und musste neuen Patienten absagen) – man kann sich gelegentlich nicht vorstellen, wie mies es laufen kann – war ich in einem hellen Moment sehr offen zu meiner Krankenkasse. Und ich kann nur sagen, dass die sich ab diesem Moment sehr um mich gekümmert haben. Ich bin angerufen worden. Ich habe eine persönliche Ansprechpartnerin bekommen, sehr geschult. Mir sind Angebote gemacht worden, dass man für mich einen Termin bei einem Arzt machen würde (die Kassen arbeiten da mit Ärzten zusammen, damit entfällt natürlich erst mal die „freie Arztwahl”), aber die sollte in so einem Moment auch nicht Priorität haben. Ich bin auf deren Krisendienste hingewiesen worden. Kurz: ich bin nicht alleine gelassen worden.

Aber dazu gehört, wie gesagt, Offenheit und Ehrlichkeit. Man muss sich eingestehen, dass man krank ist und man muss kommunizieren, dass man Hilfe benötigt. Das ist sehr anstrengend, aber die einzige Option, die man in dieser Krankheit hat. Und an dieser Stelle solle man sich selbst es wert sein und sich nicht von möglichen gesellschaftlichen Stigmata beeinflussen lassen! Dann bekommt man in diesem Land auch Hilfe. Und in einzelnen Fällen ist an dieser Stelle die eigene Krankenkasse womöglich sogar der bessere erste Ansprechpartner als der eigene Hausarzt sein muss – oder Angehörige und Freunde sein können. Wobei es natürlich sehr gut tut, wenn die einen dabei begleiten.

Natürlich heißt das längst nicht, dass man sofort einen Therapieplatz bekommt. Aber man ist zunächst von Profis aufgefangen, wird schon mal in regelmäßigen Gesprächen und – bei Bedarf (man wird hier nicht gezwungen) medikamentös – betreut. Denn …

Schlaf
… alleine vielleicht in den ersten Tagen einer sich neu andeutenden Phase der Erkrankung oder Krise einmal ein Präparat (das nicht abhängig macht) zu sich zu nehmen, das für einen gesunden Schlaf sorgt – das kann schon die Vorzeichen gerade bei einer akuten Depression von negativ auf wieder positiv drehen. Schlaf zu bekommen, ist sowas von die halbe Miete in einer Krise!

Und das ist mittlerweile das Erste, was ich heute für mich mache, wenn ich merke, ich steuere auf eine Krise zu: ich sorge für mich in dem ich für einen guten Schlaf sorge. Und ich weiß, ich kann diese Pillen auch sofort wieder weglassen, wenn ich selbst wieder in meinen Schlafrhythmus gefunden habe. Man muss heute vor einer Abhängigkeit keine Angst haben. Wenn man die hat, beim Arzt über diese Sorgen sprechen.

Ganz wichtig: deutet jemand an, bei dem ihr das Gefühl habt, dem geht es gerade psychisch nicht gut, er habe schon ganz lange nicht geschlafen, dann fragt bitte explizit danach, was das genau heißt. Denn, wenn jemand seit über 24 Stunden und mehr nicht die Augen zumachen konnte, dann ist das der direkte Einstieg in eine suizidale Krise. Hier als Freund, Partner etc. aktiv einsteigen (und vielleicht die Arschkarte ziehen, weil der Patient das nicht möchte) und einen Arzt rufen, ist jetzt wirklich oberste Pflicht!

Das Problem ist, dass ein Schlafmangel für Prozesse im Gehirn sorgen kann, aus denen wird sich der Patient jetzt nicht mehr selbst befreien werden können. Diese chemischen Vorgänge sorgen dafür, dass der Betroffene gar keinen Schlaf mehr findet, außer halt: sein Leben zu beenden. Dann nämlich hat er endlich die absolute Ruhe nach der er sich jetzt zwangsläufig – mehr als alles andere – sehnt. Also, wenn Ihr im Zusammenhang mit dem psychischen Zustand einer Person ein ungutes Bauchgefühl habt und sie von akutem und ungewöhnlich langem Schlafmangel berichtet, ab mit dieser Person zum Arzt! Und zwar: gleich! Nicht bis morgen oder auf schönes Wetter warten. Das muss jetzt wirklich nicht gleich ein Krankenhaus, die Krisenintervention sein. Davor haben viele Patienten Angst. Gerade solche, die sich womöglich ihrer Krankheit noch nicht stellen konnten und keine Erfahrungen haben – und für die die Krisenstation eines Krankenhauses gleichbedeutend mit weißen Jacken und geschlossenen Abteilungen ist. (Ist sie übrigens nicht.) Kümmert Euch jetzt! Auch wenn Ihr nicht selbst vor Ort seid, dann sorgt dafür, dass sich andere Menschen um diese Person aktiv kümmern. (Ich wäre übrigens in dem Punkt auch nicht mehr bereit, dass den Patienten entscheiden zu lassen. Ich würde selbst handeln. Depressive möchten oft keine Umstände machen und sagen dann gerne, es würde schon gehen. Denn alles was danach kommt, ist für sie eine Belastung – sie sind aber gerade hundemüde und können gar nicht mehr für sich entscheiden. Habt das bitte im Hinterkopf.)

• Bei normalen Praxisöffnungszeiten, geht ihr mit dieser Person zum Hausarzt oder Facharzt. Ihr lasst Euch nicht wegschicken! Ihr kommuniziert am Tresen einen Notfall. Vorrangig geht es erst einmal darum, dass diese Person sehr schnell Schlaf findet. (Blümchenpillen sind da übrigens gar nicht angebracht, liebe Freunde der Naturheilkunde. Oder gar medikamentöse Testläufe. Da ist der Stoff angebracht, der binnen von zehn Minuten für lange Stunden denjenigen zu Hause flach legt.)

• Außerhalb der normalen Öffnungszeiten ruft Ihr den ärztlichen Bereitschaftsdienst, die bundesweite Rufnummer ist: 116 117. Situation schildern, dann kommt jemand und setzt eine Injektion. Der Patient ist versorgt. Das hat für die Begleitperson den Vorteil, dass sie erst einmal in Ruhe und mit Hilfe des Arztes ein weiteres Vorgehen besprechen können. Allerdings, beim ärztlichen Bereitschaftsdienst kann es u. U. sehr lange dauern, bis er vor Ort eintrifft, daher:

• Ist die Person in ihrem Handeln einen Level weiter (z. B. mit psychotischen Anzeichen), ruft ihr 112. Den Notarzt. Auch hier geht es nicht darum, dass die Person zwangsläufig von diesem eingewiesen wird. Auch er kann entscheiden, dass es u. U. jetzt nur sinnvoll ist, den Patienten schlafen zu legen. Die Fälle in einer Krise sind sehr individuell und wenn eine Selbstgefährdung durch Schlaf im Grunde schon wieder ausgeschlossen werden kann, wird niemand zwangsweise mitgenommen. Nehmt im Vorfeld dem Patienten diese Sorge. Den Rest erledigt dann der Mediziner.

• Krisenstationen der Krankenhäuser – ja, wenn alles nichts geht und die Person für sich (bei Depressionen wirklich nur sehr sehr selten auch für andere) eine Gefahr zu sein scheint, ist die Aufnahme in einer solchen Station eine sehr gute Sache. Die einzig richtige Sache. Und ich kann nur jedem raten, auch wenn man in der Krise ist, für sich selbst zu sorgen und das selbst noch zu tun. Ins Taxi setzen und hinfahren oder selbst den Notarzt rufen. Die machen dort erst einmal nicht viel mehr, als für ein gutes Gespräch zu sorgen und z. B. für eine Ruhe- also Schlafmöglichkeit. Man muss nicht immer gleich zwangsweise über Nacht dort bleiben oder aber man kann, wenn man dort einmal richtig schlafen konnte, auch am nächsten Tag wieder gehen.

Ich weiß selbst, dass man vor der Krisenstation eines Krankenhauses große Angst hat. Für mich was das als Anlaufspunkt selber immer das Letzte. Diese Angst wurde mir aber in der Tagesklinik gänzlich genommen, denn mir wurde deutlich gemacht, dass die Selbsteinweisung längst nicht bedeutet dort für lange Zeit ohne eigenen Willen „eingesperrt” zu werden. Uns wurde verdeutlicht, dass wir z. B. bei Krisen am Wochenende, wenn die Tagesklinik nicht geöffnet hatte, dorthin gehen konnten – und keine Sorge haben mussten, nicht am nächsten Montag wieder am Tagesklinikprogramm teilnehmen zu können. Es geht lediglich darum in der Krise eine Anlaufstelle zu haben und versorgt zu werden – und das ist immer noch viel besser, als am nächsten Tag gar nicht mehr da zu sein. Ich musste zum Glück bisher nicht dort hin aber ich bin sicher, dass ich – und ich kann mich da gut einschätzen mittlerweile – ab einem bestimmten Status meiner Depression mich nicht verweigern würde, sondern lieber einen Tick früher dorthin gehe.

Ich hoffe, ich konnte klar machen, wie schwerwiegend bei einem Patienten eine Krise, durch Schlafmangel ausgelöst, werden kann und ihr in dem Fall Euch um Euch bzw. um die in Eurem Umfeld betroffene Person kümmert. Jemanden Schlaf zu bringen, ist eine ganz simple Sache – in diesem Land zu jeder Tageszeit möglich – und kann ganz viel verändern. Zum Guten!


MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum)
In jeder größeren Stadt gibt es heute mittlerweile Medizinische Versorgungszentren für unterschiedliche Fachrichtungen. Sie liegen aus historischen Gründen oft in der Nähe von Krankenhäusern, längst schon aber nicht immer. Sie wurden vom Gesetzgeber eingeführt, um Krankenhäusern auch ambulante Therapien zu ermöglichen, die dort tätigen Ärzte sind Angestellte des Krankenhauses, keine Freiberufler. Üblicherweise hat ein MVZ immer zwei übergreifende fachärztliche Richtungen, also z. B. Psychiatrie und Neurologie. In der DDR war das System als Poliklinik geläufig.

Der Vorteil von einem MVZ ist, dass sie im Grunde wie eine Notaufnahme im Krankenhaus arbeiten. Die Praxen sind zur üblichen Tageszeit geöffnet im Allgemeinen (es gibt jedoch keinen nächtlichen Notdienst) und sie nehmen Patienten, vor allem Akutpatienten, immer an! Also wer gerade nicht die Kraft hat, sich langwierig einen Psychiater zu suchen, kann sich an ein MVZ wenden. Entweder bekommt man dort wirklich sehr kurzfristig einen Termin (meiner Erfahrung nach binnen einer Woche) oder man ist morgens dort direkt vor Ort und kommt mit Wartezeit noch am selben Tag dran. Psychiatrische Praxen machen das, denn Krisen vom Patienten lassen sich halt nicht planen.

Ich selbst bin nach meinem Klinikaufenthalt in das MVZ vom Urban gegangen. Das hatte für mich den Vorteil, dass die Kommunikationswege meiner ehemaligen Therapeuten kurz waren. Nachdem aber vor anderthalb Jahren der psychiatrische Bereich im MVZ aufgelöst wurde, bin ich jetzt in Mitte in einem MVZ in Behandlung. Und fühle mich dort sehr gut aufgehoben und habe mir daher gar nicht mehr einen in einer Praxis niedergelassenen Psychiater gesucht. Dieses MVZ ist an einem Krankenhaus angeschlossen – ich weiß also, dass ich im Notfall dort in deren Krisenstation gehen könnte, muss da keine geographischen Berühungsängste haben – und kann auch alle anderen Angebote aus dem therapeutischen Umfeld des Krankenhauses bei Bedarf für mich in Anspruch nehmen.

Nehmt die MVZs bitte als mögliche Lösung im Fall einer Erkrankung und Krise in Anspruch! Sie sind deutlich leichter zugänglich als manche Praxis eines niedergelassenen Psychiaters.

Telefonseelsorge
Da wende ich mich direkt an betroffene Depressive: Wenn Ihr in der Krise seid und akut gehen wollt/müsst – was immer auch okay ist aber dummerweise eben ganz schnell auch so schrecklich final sein kann  – ruft vorher bei der Telefonseelsorge an:

0800/1110111 oder 0800/1110222*

*Jetzt wäre der ideale Moment sich diese Rufnummern in seinem Handy/Smartphone zu speichern. Dann hat man sie immer bei sich.

Ärzte, Verwandte, Partner und Freunde sind in Eurer Krise nicht immer für Euch erreichbar oder können nicht immer ein offenes Ohr haben. Oder Ihr möchtet gar nicht mit denen jetzt sprechen. Ist so. Aber dieser eine Telefonanruf bei der Seelsorge, den solltet Ihr Euch immer vorher noch einmal wert sein. Aus Gründen. Nur ein Gespräch führen – das muss zu keinen anderen Konsequenzen führen, wenn ihr nicht wollt. Es ist lediglich ein Angebot, dass jeder für sich in der Krise in Anspruch nehmen sollte. Die Seelsorge hat in einer Sache eine ganz große Kompetenz: sie kann Druck von Euch nehmen. Ohne Druck kann sich Euer Leben wieder ganz anders anfühlen. Nutzt diese Möglichkeit bitte für Euch.

Übrigens kann man sich und seinen Angehörigen das Versprechen geben, das immer noch einmal zu tun im dunkelsten Fall: diesen einen Anruf zu tätigen – vor dem anderen Schritt.

Sonstiges – Persönliches
Mir persönlich haben bisher in meinen akuten Krisen zwei Sätze geholfen, die mich vor finalen letalen Entscheidungen immer gut bewahrt haben. Der eine Satz kam von meiner (mittlerweile verstorbenen) Ärztin, die mir einmal vor langer Zeit sagte:

Niemand geht aus einem Suizidversuch hervor wie vorher.”

Damit sprach sie an, dass sehr viele Suizideversuche (Ihr erinnert Euch: Suizidversuche im Jahr um die 100.000, „erfolgreiche” nur 10.000) also gar nicht glücken und man oft dann mit physischen Schäden überlebt, die einen unter Umständen ein Leben lang begleiten und es noch weniger leichter machen. Ich habe verstanden, was sie mir damit sagen wollte, denn als meine Oma sich suizidierte (sie hatte sich erhängt), wurde sie noch lebend gefunden, reanimiert und verstarb erst Stunden später im Krankenhaus. Hätte sie überlebt, wäre sie den Rest ihres Lebens Komapatientin, mindestens aber ein Pflegefall gewesen. Ob man das für sich und seine Angehörigen möchte? Diese Entscheidung trifft man aber womöglich im Falle eines Falles. Deswegen finde ich diesen Satz sehr wertvoll. (Ich weiß aus Erfahrung, dass er bei mir wirkt.)

„Nur nicht heute.”

Kommt aus der Anonymen Alkoholiker-Bewegung, las ich vor ein paar Jahren in einem Buch. Es geht dort darum als Alkoholiker, wenn man in einer schweren Stunde vor dem Glas sitzt, nicht befinden muss, dass man für immer clean bleiben muss – was in einem schwachen Moment viel zu großen Druck aufbaut, dem man womöglich nicht stand halten kann. Sondern man bittet sich – nur jetzt in diesem einen schwachen Moment – das Vorhaben auf einen anderen Tag zu verschieben. Umgesetzt: Wenn man sich umbringen muss, kann man das immer noch tun, nur eben nicht jetzt, nicht heute.

Ich kann versichern, meine Krisen fühlten sich einen Tag später deutlich leichter an. (Natürlich habe ich mittlerweile gutes Instrumentarium in die Hand bekommen, mich in solchen Momenten um mich zu kümmern. Auch ohne Medikamente.) Es ist ein wirklich kleiner ganz toller Satz mit großem Potential. Es geht lediglich darum, nicht gleich heute zu gehen. Morgen ist auch noch ein Tag zum Sterben. Nehmt diesen Satz bitte herzlich gerne für Euch mit.


Stigma: Depression
Ja. Gibt es nach wie vor in unserer Gesellschaft. Habe ich auch keine wirklich Lösung dafür und für mich schon mal gar nicht. Ist ein sehr heikles großes Thema auch für mich. Dennoch: es sollte Euch nicht davon abhalten, frühzeitig, wenigstens rechtzeitig Hilfe zu holen. Mit einem Stigma kann man jedenfalls besser leben als mit einer Depression. Das Stigma ist in den Köpfen der anderen. Die Depression in Eurem eigenen.

Das ist aber ein großes weites Thema, das hier den eh schon gesprengten Rahmen noch mehr sprengen würde. Vielleicht schreibe ich darüber ein anderes Mal. Bis dahin könnt Ihr Eure Depression auch gerne Burnout nennen. Aber holt Euch bitte Hilfe! Und holt sie Euch nicht etwa nicht aus den falschen Gründen. Es ist scheißegal, was die anderen denken. (Pardon my french.)

Tweets
Da war gestern viel Hilflosigkeit in diesem Internet mit Bekanntwerden des Blogposts bis zur traurigen Gewissheit in der sich viele Menschen an diesen einen Menschen an seinen Twitteraccount gewendet haben. Natürlich immer sehr gut gemeint. Das ist eine ganz schwierige Sache, war eine schwere Situation für uns alle, verständlich – absolut. Aber einige dieser Tweets hätten bei diesem Menschen in seiner akuten Situation so unter Druck setzen können – den er in diesem Moment absolut nicht gebrauchen kann.

Ja: Die eigenen gut gemeinten Wünsche können einen in der Krise befindlichen depressiven Menschen unter noch mehr massiven Druck setzen! Bitte seid Euch dessen immer bewusst.

Ein Mensch, der Suizid begehen möchte, der kann nicht mehr. Der ist tieftraurig und energie- und kraftlos. Der ist der felsenfesten Überzeugung, sein Leben gar nicht mehr stemmen zu können. Er braucht unbedingte Ruhe, er erträgt sich und sein Leben nicht mehr. Formuliert an solche Menschen bitte keine Forderungen!

Wenn man so einem Menschen in diesem Moment beschäftigt mit Sätzen wie „Denke doch an Deine Frau, an Deine Kinder …”, so nachvollziehbar sie und die gute Absicht dahinter sind, sie sind in dem Moment Bullshit. Wer in einer Situation steckt, in der er für sein eigenes Leben und Weiterbestehen keine Verantwortung mehr tragen kann, diesen Menschen auf sein Verantwortungsbewusstsein Dritten gegenüber hinzuweisen, heißt ihm das letzte bisschen Luft zum Atmen zu nehmen. Womöglich befindet er sich gerade in dieser Depression, weil er überzeugt ist, seinem Partner, der Verantwortung den Kindern gegenüber nie mehr gerecht werden zu können? Dieser Mensch kann gerade nicht mehr! So einen Menschen muss man dort abholen, wo er sich gerade befindet: in seiner abgrundtiefen Müdigkeit, in seiner Ausweglosigkeit.

Macht Angebote: „Ich möchte gerne mit Dir sprechen.” „Ich möchte Dich verstehen.” „Ich möchte Dich gerne sehen.” Aber formuliert um Himmels willen niemals Forderungen! Von jemanden, der nicht mehr kann, noch etwas zu verlangen – das ist ja fast Beihilfe. (Wenn es richtig mies läuft, sorgt man mit „denke an …, was soll aus … werden?” womöglich dafür, dass aus einem Suizid ein erweiterter Suizid gemacht wird und Partner, die Kinder mitgenommen werden.) Bitte, das ist ein ganz heikles Thema. Da kann man mit viel gutem Willen ganz viel kaputt machen.

Versucht die Person in ein Gespräch zu holen, macht Offerten, die dieser Person keinen Energieaufwand oder Handeln abverlangen. Es ist etwas anderes, wenn man jemandem sagt, „Ruf da jetzt an!” oder das Angebot macht: „Du kannst, wenn Du möchtest, wenn es Dir möglich ist, bei der Telefonseelsorge anrufen. Ich gebe Dir jetzt die Nummer.” Letzteres ist ein Angebot und da hat die Person immer eine Option, es für sich abzulehnen – kein Druck. Aber „denke doch an Deine Lieben”, das ist Druck. Den braucht der suizidale Patient am allerwenigsten.

Und, sorry, Hashtags mit dem Namen einer Person, die ihren Suizid angekündigt haben? Grundgütiger Himmel! Bitte nicht!

• a) siehe vorherigen Satz: damit setzt man diese Menschen unter unfassbar gewaltigen Druck. Wenn ich in einer Krise bin und ich sehe – sollte ich noch in der Lage sein, Twitter zu verfolgen (was ja passieren kann, weil soziale Medien Krisen erst auslösen können) – was glaubt Ihr, was ich mit meiner zusätzlich empfundenen Scham dann noch anderes ausrichten kann als zu gehen? Da gibt es doch dann überhaupt keinen Morgen mehr danach. Und

• b) denkt bitte in solch einem Moment an die Angehörigen.

Zum Schluss, in eigener Sache, diese Methode auf Twitter Namen in Klammern zu setzen, weil man Mitleid oder Betroffenheit ausdrücken möchte, da ist durch die Häufung der Symbolik viel Schwarz. Mich erschrickt es immer und zieht es immer herunter, wenn ich das sehe. Mir hat das gestern stellenweise – sicher bin ich da sensibler als andere, my fault – ehrlich körperliche Schmerzen verursacht. Sie signalisieren die absolute Erwartung von etwas Negativem. Das ist nicht schön.

Ich habe sehr bewusst den Namen der wundervollen Person, die uns verlassen hat, nicht genannt und bitte das auch in den Kommentaren nicht zu tun, weil die Familie um Respekt seiner Person in den öffentlichen Medien gebeten hatte.

Diese Person hatte uns früher einmal aufgefordert, die Welt gemeinsam zu einem besseren Ort zu machen. Auch diese Internetwelt.

Ich hoffe, dieses Post ist mit ein kleiner Anfang dafür und in diesem seinen Sinn. Eine kleine Hilfestellung damit Ihr künftig aufmerksam durch Euer soziales Leben gehen könnt und rechtzeitig auf Euch selbst und andere Acht geben könnt. Wenn hier auch viel verallgemeinert dargestellt wird: natürlich sind Depressionen und die jeweiligen Krisen immer individuell bis sehr individuell. Eine Krise in einer manisch-depressiven Phase bedarf u. U. andere Hilfen. Gerade Jugendliche müssen im Anfang einer Behandlung, vor allem bei Medikamentengabe und dem Auflösen des Schlafdefizits sicherlich ganz anders betreut werden als ein Erwachsener.

Aber wenn Ihr ein blödes Gefühl im Magen habt angesichts einer Person: traut Euch. Sprecht sie an. Fragt relevante Fragen. Hört zu. Werdet lieber einmal zu früh aktiv als einmal zu spät. Und alle anderen: bleibt stark!

Telefonseelsorge
Notfallnummern bei Depressionen und psychiatrischen Krisen Deutschland bundesweit, Österreich und in der Schweiz
Ärztlicher Bereitschaftsdienst
Suizidprophylaxe – Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention
Speziell für Jugendliche: Jugend.Support

2016-07-25

Wenn Donald Duck nicht mal demnächst seinen Vornamen ändern lässt …

«Diese Menschen (Donald Trump und Boris Johnson) haben keine Persönlichkeit. Sie haben Haarschnitte. Hässliche Haarschnitte. Und wir fallen herein auf das Spiegelbild, das sie von sich selbst sehen - das Spiegelbild, das sie als kleine Götter zeigt.»

Laurie Penny feiert bei den Republikanern.

Psychologen halten Trump für eine außergewöhnlich narzisstische Persönlichkeit. Oder wie ein ehemaliger Freudn Trumps nach dessen Reaktion in einer persönlichen Krise beschreibt: „Er pisst Eiswasser.”

Clemens Wergin, Cleveland schreibt für die Welt und N24.

2016-07-23

Leseblumen

Wahrscheinlich beschränkt Anke Gröner überhaupt noch zu verlinken, da ich denke, sie führt das im deutschsprachigen Web meistgelesene Blog – also sie wird vermutlich eh von allen schon gelesen. Aber dieser Text ist sehr besonders: „Ich wundere mich nur – Sie gehen so selbstbewusst durch die Gegend, obwohl Sie so dick sind.”

Kitty Koma schrieb ihren ehrlichen Text „Körperpanzer” in Reaktion auf Ankes Post.

(Aus der Reihe: Interessant für mich: Ich kenne Anke Gröner ja auch en natura und treffe sie dann und wann auf der re:publica und nehme sie tatsächlich nie als „so” dick wahr.)

2016-07-22

Nervt nicht.

Vorhin spült die Facebook Timeline einen Artikel mir ins Gemüt, den diverse honore Facebook-Persönlichkeiten liken und sharen, als wäre es ein gesundes Stück Weisheit.

Ist er aber nicht. Im Gegenteil, er ist erstaunlich maulig, nervig und leider auch substanzlos.

Er disst Leute, die angeblich Leute dissen, die „Pokémon Go” spielen. Und ich bin mittlerweile maximal genervt von solchen überheblichen „Ihr Alten kapiert es halt nicht”-Artikeln.

Kurz: ich spiele „Pokémon Go” selbst nicht. Weil ich per se nicht so gerne spiele. Das hat vorrangig visuelle (optische) Gründe. Aber: ich kann mich absolut darüber freuen, wenn Leute damit ihren Spaß haben – und wenn sie weltweit gemeinsam damit ihren Spaß haben und irgendein StartUp damit reich und glücklich wird. Sehr schön! Spaß ist in diesen Zeiten wichtig.

Und: Ich habe bisher noch an keiner Stelle irgendwen über „Pokémon Go” meckern hören, noch irgendeine Kritik dazu zur Kenntnis genommen. Im Gegenteil, vornehmlich Stimmen, die am Effekt ihren Spaß haben. Manchmal Erstaunen – aber selbst über Unfälle im Einsatz beim Sammeln wird noch mit einem Augenzwinkern berichtet.

ABER: Ich nehme ständig Artikel oder Sprüche zu Kenntnis, die sich einen Affen einbilden und darüber schreiben, wir „Alten” hätten halt keine Ahnung von jungen dynamischen Webwelten und würden ständig sie und den aktuelle Pokémon-Hype dissen.

Nein, tun wir nicht.

Das ist ganz alleine eine Annahme von Euch, ein dummes Abgrenzen. Eine nicht real existierende Tatsachenverdrehung Eurerseits.

Meine alte Generation hat zwar Eure Personal Computer und das Internet zu dem gemacht, was es heute ist – aber das muss Euch ja nicht wirklich interessieren.

Wir sind die Generation, die Pac-Man, Tetris nächtelang durch gespielt haben. Die Generationen (vor meiner noch) haben uns sowas wie Mac OS und Windows noch in den einstelligen Versionsbereichen geschenkt. Wir also sind die Generation, die begonnen hatte mit Computern zu leben. Unserer Generation ist nichts ferner als das Wissen und die Erinnerung, wie geil Games sind; wir sind die Generation, die dafür gesorgt haben, dass man nicht alleine zu Hause spielen muss, sondern übers Internet spielen kann.

Merkt Ihr es? Und jetzt wollt Ihr uns erzählen, dass wir, die Alten, Euch nicht verstehen würden? Euch den Spaß nicht gönnen würden? Euch mit der Pokémon-Spielerei nicht ernst nehmen würden? Es tut mir total leid, Euch das sagen zu müssen: Ihr seid nichts Besonderes. Ihr seid nicht sonderlich hipp, nicht sonderlich klug, nicht sonderlich kreativ, nicht sonderlich innovativ. Ihr seid lediglich Leute, die erstaunlich in ihrer Anwendung reduzierte Technik bedienen könnt und damit im großen Stil Spaß habt. Euer iPhone ist lediglich ein bunter Nachfolger dessen, was mal Apples Newton hieß. Ihr spielt mit der nachfolgenden Technik für die wir schon vor 30 Jahren Software, auch Spiele, entwickelt – mindestens benutzt haben.

Und deswegen sollen wir Euch jetzt den Spaß neiden, den Ihr habt? Warum? Kann mir mal einer auch nur einen vernüftigen Grund nennen, warum wir das tun sollten? Ihr macht nix, was wir nicht schon gemacht haben! Das hieße doch unsere eigene coole Jugendzeit mit den Füßen zu treten – warum zur Hölle sollten wir das tun?

Übrigens hat meine alte Generation vor Jahren etwas gespielt, weltweit zu gleichen Zeit überall mit Hingabe und Leidenschaft, das hieß Zauberwürfel. War 'ne komplett analoge Nummer – war aber im Grund wirklich nichts anderes, als das was der Pokémon-Hype gerade ist. Irgendwelche begeisterte Fredies haben 'nen Gimmick weltweit zur gleichen Zeit begeistert bedient, unterwegs, überall – zu jeder Tages- und Nachtzeit und irgendeiner ist dadurch echt reich geworden und ja, die Medien haben damals auch darüber sachlich, unsachlich, begeistert, kritisch geschrieben.

Ihr seid weder besser noch schlechter noch hipper als wir. Ihr brauch nur Strom für Euren Spaß. That's it! Und nun geht bitte wieder spielen und hört auf uns Pseudomeckereien in den Mund zu legen.

tl;dr Der oben verlinkte und auf Facbeook wild gelikte und gesharte Artikel ist gar nicht so suppi.

Bauchschmerzen …

… bekomme ich, wenn ich an den Präsidentschaftskandidaten der Republikaner denke. Da kommt noch was auf uns zu, das wird nicht lustig werden.

Im New Yorker spricht der Autor Tony Schwartz über seine Erfahrungen mit Donald Trump, als er als dessen Ghostwriter sein frühes Werk „The Art of the Deal” schrieb.

„Not long after the discussion of the party bills, Trump approached Schwartz about writing a sequel, for which Trump had been offered a seven-figure advance. This time, however, he offered Schwartz only a third of the profits. He pointed out that, because the advance was much bigger, the payout would be, too. But Schwartz said no. Feeling deeply alienated, he instead wrote a book called “What Really Matters,” about the search for meaning in life. After working with Trump, Schwartz writes, he felt a “gnawing emptiness” and became a “seeker,” longing to “be connected to something timeless and essential, more real.”

Sowas von lesenswert!

2016-07-21

Manchmal ist die Erbse …



… eine einfache Ikea-Decke.

2016-07-18

Einen schönen und guten Montag!

2016-07-17

Sportler de luxe …

Vor vielen Jahren ist einmal ein Ruderer in mein Leben getreten. Fortgeschritten, Olympia-Liga. Groß und stark wie ein Baum, ein Traum von einem Mann, dabei eine Stimme wie von Kermit. Interessant wie die Sockensammlung vom Özi. Am spannendsten fand ich an diesem Mann, wie ein Langweiler ernsthaft in der Werbung arbeiten konnte.

Er ist nach Hamburg gezogen, der Werbung zuliebe. Nicht immer weint man ihnen Tränen nach.

Erinnert heute hieran von der Frau Misanthropin.

2016-07-15

Düfte

Im Schlafzimmer riecht es leicht nach faulen Eiern, weil die kleine bunte Katze, Tally, heute morgen um drei auf ihr Katzenkissen als auch auch auf die Vorhänge kotzte, die ich jetzt aber nicht abnehmen kann, weil sie jetzt hinter und auf diesen Vorhängen ihren Schilddrüsentablettenrausch ausschläft.

(Aus der Reihe: Ihr kennt das.)

Menschen

Bei der Hebung des gesunkenen Flüchtlingsschiffes – beauftragt durch die italienische Regierung, nachdem die zuständige Staatsanwaltschaft von Catalania eine Hebung abgelehnt hatte, weil „nicht notwendig für die Ermittlungen, teuer und langwierig” – Anfang Juli ist man noch von ungefähr 300 ertrunkenen Geflüchteten im Wrack ausgegangen.

485 Menschen, das weiß man heute, sind es noch gewesen, die im Rumpf des Schiffes den Tod gefunden haben. Schiffe, die oft keinen Namen tragen, und daher leicht vergessen werden können, da sie nicht über ihren Namen mit dem Schreckens einer „Titanic” oder „Costa Concordia” verbunden werden können bzw. müssen.

In dieser Liste der weltweit gesunkenen Schiffe seit 2011 steht das Ungefährzeichen „≈” für die ungefähre Anzahl der zu Tode gekommenen Menschen auf der Flucht. Ungefähr, weil man die genaue Anzahl von Passagieren nicht kennt und weil man diese Schiffe nie bergen wird. Aus oben genannten Gründen. Es ist nicht wirtschaftlich vertretbar, es ist für die ermittelnden Behörden nicht von Relevanz. Man kann die Fälle nicht schnell abschließen. Das möchte man gerne, aus den Augen aus den Sinn.

Und irgendwo auf dieser Welt warten Menschen, Liebende, Verwandte auf eine Nachricht von diesen von ihnen vermissten Menschen. Sie werden nie endgültige Gewissheit erfahren. Sie werden nie beerdigen dürfen. Nie abschließen können.

Nicht jede Regierung hat das Rückgrat, wie die aktuelle italienische Regierung. (Womöglich hat die Regierung aus dem unfassbaren ersten Eintrag dieser Liste gelernt.)

Wie der italienische Regierungspräsident, Matteo Renzi, Mitte Mai 2015 in einem Interview sagte: „Ich will, dass die ganze Welt sieht, was geschehen ist. Es ist nicht akzeptabel, dass einige Leute weiterhin nach dem Motto 'aus den Augen, aus dem Sinn' handeln.”

Es liegt nun an uns, diesen 485 Menschen – und allen die nach ihnen gestorben sind und noch sterben werden auf diesem unsicheren Weg ihrer Flucht – ein Gewicht zu geben.

Unsere Regierung wird es ihnen nicht geben.

2016-07-13

Schnäppchen

Neulich an einer jungen Frau ein paar Schuhe gesehen, die mich schlicht geblendet hatten so schön fand ich die. Ganz unvermittelt. Schuhe á la Birkenstock, hellgrau glitzernd. Edel bis in die freiliegenden Zehenspitzen anzusehen. Noch nie habe ich so einen elegant wirkenden Fuß gesehen an dem eine Birkenstock-Sandale hing.

Kurz nachdem mir mein kleiner neidischer Golm, der noch bevor ich denken kann, wie immer zupolterte: „Warum die? Warum sind das ihre Schuhe? Wieso sind das nicht meine? Die würden mir viel besser stehen als ihr! Wie kann ich die Frau flink überfallen und ihr die Schuhe rauben, damit sie mein! mein! mein! sind? Die Welt ist so ungerecht. Die Frau ist doof. Die da, die hat MEINE Schuhe!”, ich wieder einen neutralen sinnvollen Gedanken formen konnte wie: „Frage die Frau einfach nett und freundlich, wo sie die Schuhe her hat.”, war sie schon wieder im Getümmel der undergründigen Bahnen verschwunden. Vielleicht war auch ich verschwunden, als Frau hat man nie ein gerechtes Gefühl für die vielen Kilometer, die man schon weitergelaufen ist, hat man so einen intensiven Schuhmoment.



Samstag schleiche ich durch die festlichen Hallen, die eine Friedrichstraße so zu bieten hat, lande bei Strauss Innovation und sehe dort ein paar Zehsandalen im Stil einer Birkenstocksandale. Rosa. Glitzernd. Aber auch Helblaugraugrisbleu (so bei näherem Hinsehen). Auch glitzernd. In Größe 41. Es ist DER Schuh! Ich herzkaspere ein wenig still vor mich hin, nehme die Schuhe mit in die Ankleidekabine, gemeinsam mit einem reduzierten Oberteil. Und probiere beides an. Die Schuhe sind so fürchterlich bequem und sollen statt der 20,— von mir aufgerundeten Euro nun noch 16,— von mir aufgerundete Euro kosten – und Passform, Schönheit und Preis erschrecken mich so sehr, dass … ich die Schuhe erst einmal wieder in das Regal zurück stelle. RISIKO!!! Denn es ist nur ein Paar noch in der Größe und Farbe da. Trotzdem, dieser stille Moment von vollkommenem Glück überfordert mich gerade.

Das Oberteil hatte mich im Spiegel so dermaßen meiner körperlichen Hässlichkeit, Unpässlichkeit und Untrainiertheit überzeugt, dass mich kurzfristig mein Selbsthass aus dem kaufenden Mode geworfen hatte.

Nun, ich verließ den Laden in Gedanken an DIE Schuhe mit einem „überlege es Dir noch mal” und widmete mich anderen Geschäften, die mich nicht mit fiesen Spiegeln obzön offensiv an meine eigene physische Vergänglichkeit erinnern wollten.

Keine einhundert Meter weiter befindet sich in einer Unterführung ein Birkenstock-Geschäft und ich stehe vor haargenau dem gleichen Schuh. Genauso geklebt wie der andere (hatte Birkenstoff die Sohlen nicht mal genäht?), gleiches Kunstleder, gleiche Schnalle, Pinöpel oben am Zehenhalter. Einziger Unterschied: Schnalle und Pinöpel gülden, statt silber wie am Strauss-Modell (wobei das Silber dem Schuh deutlich passend zum dezenten Silberglitter definitiv besser steht). Und keine Birkenstockprägung im Kunstleder (was für mich mehr Feature als Bug ist, denn ich hasse es Werbeträger zu sein). Preis allerdings: 55,— von mir aufgerundete Euro.

Da drehte ich auf dem Absatz um, ging zum günstigeren Modell zurück, das noch auf mich wartete und sprach „Ich wusste, Du würdest zurück kommen und mich in die große Weite Welt des Berliner Trottoirs entführen!”, kaufte es und trug es vorsichtig, innerlich im Schnäppchenglück leuchtend, heim.

Später am Tag trug ich die Schuhe und es machte mich schon ein bisschen irre, wie man eine Zehensandale anziehen kann, sie so ein grandioses Fußbett haben kann, so bequem sein kann und nirgends scheuern wollte. Daher meine Idee mich in anderen Filialen dieser Kette auf die Suche zu machen, ob ich nicht noch irgendwo ein gleiches Modell finden konnte. Denn ich mache das ganz gerne, wenn mich ein Schuh im Ausverkauf überzeugt: mehrere Paare kaufen. Dann muss ich mir in der künftigen Saison keinen Kopf machen, denn jedem modischen Trend laufe ich nun eh nicht mehr nach. Meine Sammlung von Schuhen, die ich nicht anziehe, weil sie nicht passen, braucht auch keinen Zuwachs mehr. Was mir passt, das habe ich gerne mehrmals. Ihr kennt das vielleicht noch von Omma: „Ein Paar für gut!”

So klapperte ich Montag diverse Filialen ab, fand aber das Modell in meiner Größe immer nur im Rosa, was halt nicht meine Farbe ist und übrigens längst nicht so edel wirkt, wie das Hellblaugraugrisbleu. Ich bin auch einfach keine erwachsene Filly Fee. Was soll ich tun?

Und in diesem Zusammenhang kam es also auch zu diesem kürzlich gebloggten Intermezzo.

Gestern wollte ich es also wissen, einerseits immer noch auf der Suche nach dem Schuh – andererseits wollte ich wissen, ob es wirklich ein Warenwirtschaftssystem 2016 gibt, das nicht filialübergreifend nach einem Schuhmodell suchen kann. Ich machte mich früh morgens auf den Weg nach Schöneberg, wissend von dort komme ich mit der S-Bahn prima zur Filiale nach Zehlendorf. Dass es noch eine in Steglitz gibt, hatte ich ganz verdrängt.

Die Sandalen standen da – nur nicht in meiner Größe. Ich ging mit einem Modell zur Kasse, wo mich eine sehr freundliche Verkäuferin aufklärte, dass man tatsächlich nicht mittels der Technik suchen könne, sie aber gerne für mich in einer Filiale anrufen könne, allerdings nur in einer, wenn es die dort nicht gäbe, müsste ich die anderen Filialen selbst anrufen. Dieses doch ganz anders sehr kundenorientierte Angebot nahm ich gerne an und als wir über mögliche Filialen sprachen, brachte sie diese in Steglitz auf den Plan. Dieser Empfehlung folgte ich gerne, nach Zehlendorf konnte ich so oder so noch fahren. Sie rief an, man hatte noch ein (!) Paar auf Lager und legte es an der Kasse für mich zurück. Ich stieg in den Bus, der mich fast vor die Tür führt und nahm glücklich mein zweites Paar (das für gut!) in Empfang.

Selbstverständlich bedankte ich mich bei beiden sehr serviceorientierten Verkäuferinnen mehr als überschwänglich. (Ich fürchte, der in Schöneberg hatte ich ein „Sie sind ein Schatz!” an den Kopf geworfen.)


2016-07-12

Mache ich morgen …

Hier und da ließ ich schon durchscheinen, Orthopäden sind nicht so mein Ding. Wenn ich zum Orthopäden gehe, dann ist der Status „kurz vor Kopf ab” oder so ähnlich. Wenn ich in einem Wartezimmer eines Knochendoktors sitze, dann habe ich es wirklich wirklich nötig, höchstwahrscheinlich schon alles ausprobiert (sofern kein akutes Traumageschehen).

Meine Abneigung fängt schon damit an, weil jede orthopädische Praxis wie ein Mastbetrieb aufgebaut ist. Im Wartezimmer sitzen Massen von Menschen, am Thresen stehen Schlangen von Menschen. Wenn Orthopäden könnten, würde es ihrem Image nicht schaden, hätten die schon längst Wartezimmermarkenautomaten verteilt. Sitzplatzzuordnung per Nummer. Mit Leitsystem, weitere Verwendung der Nummern in der Vorsprechzimmerwartezone und im Röntgenbereich, später auch für die Physio verwendbar. Degradierung zur Nummer. Namen und Persönlichkeit sind in jeder orthopädischen Praxis nur noch notwendiges Übel.

Die orthopädische Praxis, die ich mir neulich bei meinem Schulteraussetzer (also neulich, 2013) aussuchte, ist eine Durchgangsarztpraxis. Die spielen in der Königsliga dessen, was ich oben beschrieben habe. Die haben aber den unbedingten Vorteil, dass ich da morgens hingehen kann, mich anmelden kann – ganz ohne Termin – und mir sagen lasse, bis wann ich zu Hause meinen Kaffee trinken kann, um wiederzukommen. Unschätzbarer Vorteil (wenn man laufen kann), der alles überwiegt. Deren Wartezimmer ist eine einzige Schlachtbank. Zum Glück wird dort recht wenig Deutsch gesprochen, der Oberdoc ist türkischer Herkunft, so also auch alle medizinischen Fachangestellten, um die zumeist türkisch sprechenden Patienten in deren Landessprache bedienen zu können.

Mein persönlicher Eindruck: Nein, Deutschland ist nicht gut zu seinen Migranten. Ich sehe dort Menschen, die sich einfach kaputt gearbeitet haben. Ausgebrannt. Am Ende.

Für mich hat das den Vorteil, dass ich das Leid sehe es mir aber nicht anhören muss, denn ich verstehe kein türkisch. Ich wertschätze diesen Sachverhalt sehr. Kommt man dann dran, wird man in ein Sprechzimmer geführt, in dem man eine weitere Zeit X wartet (denn wie in jedem ordentlichen Schlachtbetrieb werden mehrere Sprechzimmer bedient und zwischendurch das Spritzenzimmer abgefeiert.) Im Spritzenzimmer ist generell Hochsaison. Es wird sehr gerne genutzt, um eine flinke Zwischensprechstunde abzuhalten, auf Privatsphäre wird prima gepfiffen. Haben ja eh fast alle das Gleiche.

Aber bevor man bei der Erstkonsultation vom Sprechzimmer, wo man knappe einskommafünf Minuten dem Schlächter vom Fach einen Hauch von Beschwerdebeschreibung servieren durfte über die Röntgenschleuse zurück ins Sprechzimmer geleitet wird, wo es in knappen zwei Minuten gerne eine pragmatische Diagnose gibt, ein Rezept, eine prima OP-Vision und dann abgeschoben wird ins Nebengelass, dem schon beschriebenen Spritzenzimmer.

Als ich „Schulter hatte”, habe ich in dieser Praxis die meiste Zeit damit verbracht zu argumentieren, warum ich keine Spritze haben wollte. Das war irgendwie ganz lustig, wenn auch im Nachhinein echt blöd von mir, denn die nur eine Spritze hatte mir doch erstaunlich viel meiner Qualen genommen – und die Schmerzen waren gut heftig. (Schmerzen vom Orthopäden gesetzt bekommen, sind noch ein ganz anderes Thema bei mir.)

Ich laufe seit einigen Wochen, realistisch betrachtet sind es nun schon auch Monate – mit eleganter Betonung auf den Plural – mit einer Sehnenscheidentzündung in der rechten Hand, vor allem Daumenbereich rum. Ich habe schon viel geschmiert, den Bereich mit einer etwas ausgenudelten Orthese ruhig gestellt (das Schmerzphänomen ist mir bekannt noch aus „Autotürzuklapp”-Zeiten und wurde bis dato immer wieder von mir eigenständig prima wegtherapiert), die am Computer verwendete Maus wieder mal gegen den Wacom-Stift getauscht. Und festgestellt, der Schmerz kommt blöderweise vom Fahrradlenker. Es ist dieser Griff in Kombination mit Gerüttel, der den Schmerz immer wieder hoch poppen lässt, der erstaunlich interessant mittlerweile durch die ganze Hand wandert.

Ich habe Muskelschwammaufbau in Wasserbädern mit essigsaurer Tonerde probiert, ein sehr aprobates Mittel mir als Teenager von einem Orthopäden empfohlen, der in Berlin als Koryphäe und Schlächter gleichzeitig galt. Als Schlächter übrigens gar nicht, weil er so brutal operierte, sondern weil er einen ziemlich derben Ton seinen Patienten gegenüber am Laib hatte, wenn die nicht so richtig spuren wollten.

Nicht richtig spuren wollten hieß dabei, nicht die von ihm verordneten Turnübungen (er kam mehr aus der Ecke Pilates, denn Chemie) machen wollen, um die ein Leben lang vernachlässigten Muskeln aufzubauen, um den Bewegungsapparat aus seiner falschen Methodik abzuholen. Im Grunde eines der approbateren, womöglich sogar einzig sinnvollen Mittel in der Orthopädie, welches nicht gerne von beiden beteiligten Seiten propagandiert wird, weil die betroffene eine Hälfte leider einfach nicht gerne Sport macht und somit nur ungerne den eigenen, dummerweise zwingend notwendigen Teil zur Genesung beitragen möchte. Die behandelnde andere Hälfte daran leider auch nicht so viel verdient. Dieser Orthopäde wäre in der heutigen Zeit immer noch ein Geschenk des Himmels, leider in diesem verkorksten Gesundheitssystem auch pleite.

Mich hatte der Mann damals geknackt, denn nachdem ich bei einem anderen Orthopäden monatelang mit Vollgips (im Hochsommer) und Ruhigstellung, Cortisonspritzen en masse (und ich war erst 13) erfolglos behandelt hatte, kam der Schmerz immer wieder, weil ich nämlich immer schon eine sehr merkwürdige Haltung beim Handschreiben habe und solange man dort nicht ansetzte, konnte das Problem im Rahmen meiner schulischen Karriere gar nicht gelöst werden.

Der Schlächter also erklärte mir, ich solle meine Muskeln in dem Arm trainieren. Schlug mir vor, warmes Wasser einzulassen im Handbecken mit einer höher dosierten essigsauren Tonerde versetzt, den Ellenbogen dort hineinzulegen und immer wieder mit der Hand einen Schwamm zusammen zu drücken. Das mehrmals am Tag einige Minuten lang.

Ich tat das und war ziemlich bald beschwerdefrei. Bis eben halt jetzt. Und jetzt funktioniert diese Methode leider nicht so richtig, was dummerweise eher auf Arthrose tippen lässt. Was quasi eine altersentsprechende Diagnose wäre, die ich persönlich aber ablehne, den so ist es eben mit dem Altern: mein Kopf möchte nicht mit meinen Knochen gemeinsam altern.

Neulich probierte ich sogar die Elektrostimulanzmethode. Ich musste ein paar Löcher bohren. Löcher bohren mit der Hand, das war mir klar, würde weh tun. Aber irgendwann machte ich es und siehe da: es tat weh. Es tat sogar am gleichen Tag höllisch weh. So richtig mit Schmackes. Nur auszublenden über die Freude über die endlich gebohrten Löcher. Am nächsten Tag: Stille, kein Schmerz. So gar kein Schmerz.

Dummerweise gestern wieder Tätigkeiten ausgeübt, die den Schmerz blitzschnell erneut um die Ecke biegen ließen. Also entweder fange ich irgendwo als Bohrermamsell vom Dienst an oder aber …

… eigentlich also brauche ich einen anderen Fahrradlenker, eine bessere Orthese für einen Moment und dann etwas Muskeltraining. Für die bessere Orthese wäre ein orthopädischer Gang aus finanziellen Gründen anzuraten. Wäre da nicht all das, was ich oben lang und breit beschrieben habe, was mich davon abhält.

Und so geht es seit Tagen, wenn am Abend die Hand besonders schmerzt, weil kaum ruhig gestellt, ich so:

„Morgen gehe ich zum Orthopäden. Gleich früh gehe ich hin!”

Ich war heute wieder nicht da und weiß auch schon, dass ich morgen und übermorgen nicht gehen werde, weil dann andere therapeutische Maßnahmen anstehen und überhaupt … vielleicht ist Freitag ja wieder das Wetter schön. Samstag und Sonntag ist zum Glück die Praxis eh geschlossen. Und Montag ist ein prima Tag zum Orthopäden zu gehen, aber vielleicht regnet es Montag lustige Hunde, Dienstag ist eh nie schön beim Orthopäden, der Mittwoch ist vergeben, der Donnerstag auch …

2016-07-11

Vertriebsoase

Was Vertriebsmitarbeiter anbelangt, scheine ich gerade 'nen echten Lauf zu haben:

„Könnten Sie bitte gucken, ob es diesen Schuh (hier Größe 39) in Größe 41 eventuell noch in anderen Filialen gibt?”

„Nein, das kann ich nicht, weil jeder Schuh eine andere Modellnummer hat.”

Technikstandort Deutschland, 2016

(Aus der Reihe: keine Pointe. Oder vielleicht doch, diese Kette (irgendwas mit einem Vogel und Innovation, blaues Logo) ist schon einmal in die Insolvenz gerasselt.)

Wie Miele mich einmal zum Geburtstag feiern einlud aber gar nicht mit mir feiern wollte …

Neulich auf Facebook in einer der Gruppen von Berliner Foodbloggern teile jemand die Einladung der Miele-Gallery unter den Linden in Berlin, die ihre fünfjährige Existenz feiern wollte. Vergangenen Samstag. Die Einladung klingt nett, Showkochen hier, Gewinnspiel da etc. Die Filiale ist nicht so weit von meiner Dockingstation gelegen. Also mache ich mich am Samstag kurzerhand auf den Weg, um, wie ich denke, dieser Einladung zu folgen und mitzufeiern, Miele-Technik gucken und lieben lernen bzw. Faszination bestätigt sehen. Irgendwas mit Erwartungen.

An der Tür wurde ich noch sehr freundlich von einer Dame empfangen, der ich erzähle, Berliner Foodbloggerkreise hätten mir gezwitschert, hier würde heute Miele gefeiert. Sie scheint professionell erfreut und verweist mich in den hinteren Teil des Ladens in Richtung Küche, denn dort hätte man gerade gekocht.

Ich folge ihrem Rat und stehe vor einer Küche, wo tatsächlich gerade fertig gekocht worden war. Ein Koch herum schwirrt, während eine junge Dame noch dabei ist, das Essen manierlich auf Tellern anzurichten. Hochkonzentriert. Sie spreche ich freundlich kurzerhand an und stelle fest, dass ich da wohl einen Moment zu spät gekommen sei. Mein Versuch von Kommunikation in einem – sollte man meinen – kundenorientierten Umfeld. Keine Reaktion, keine Antwort. Tatsächlich steht neben der Kücheninsel ein Schild auf dem angezeigt wird, dass jeweils zur vollen Stunde etwas Bestimmtes gekocht wird. Hätte man dass vorher in diesem Internet, zielgerichteter bei diesem Facebook kommuniziert, wäre ich etwas früher dort gewesen. Womöglich hätte es auch mehr Interessenten angelockt. Hatte man aber nicht. Die sind da in dieser Miele-Gallery nicht sehr expressiv.

Im Laden selbst wenig Menschen, eine Dame berät bei den Waschmaschinen. Die andere junge Dame, also die, die nicht mit mir kommunizieren möchte, richtet weiterhin Tellerchen an. Ich schleiche durch den Laden, gucke mir die sehr schicken Geräte an und genieße die Stille. Es ist so ruhig, fantastisch ruhig. Wenn Miele feiert, ist nichts laut. Kein Mensch bedrängt mich. Alles wuselt um mich herum. Jeder einzelne Angestellte für sich ist sich wichtig. Ich aber bin unsichtbar. Um diese für mich sehr skurrile Situation zu durchbrechen, denke ich, gehe ich auf die sehr schönen öffentlichen Orte und kehre einen kleinen Moment später zurück. Das Waschmaschinengespräch ist beendet, man guckt mich an, man spricht nicht mit mir. Die Angestellten sprechen und witzeln viel miteinander. „Sie feiern bestimmt, so mit sich, untereinander. Intim im Team”, denke ich. Dann gucke ich mir die Waschmaschinen an. Vermutlich bin ich immer noch unsichtbar. Auch wenn ich mich ein bisschen im Chrom der Bullaugen spiegele. Das beruhigt mich.

Die mittlerweile angerichteten Teller stehen in der Küche. Einigen Gästen werden sie im hinteren Restaurationsbereich an einen Tisch gebracht. Andere Gäste werden nicht etwa gebeten, doch auch zuzugreifen.

Eigentlich bin ich zum Feiern dort hin gegangen, gerne hätte ich mich über das und andere Küchengerät von Miele, über das was Miele zum Thema Smart Kitchen anbietet, informiert. Noch lieber hätte ich dem Geburtstagskind gratuliert, mich mit ihm gefreut, mir erzählen lassen von den vergangenen fünf Jahren an diesem Standort. Vielleicht hätte ich mit ihm angestoßen, aber es wollte nicht mit mir anstoßen. Es wollte auch nicht feiern. Es wollte nicht einmal mit mir sprechen.

Es war die traurigste Geburtstagsfeier meines Lebens. Zum Glück war es nicht meine.

Fazit: Miele kann nicht feiern.

Mein Vertrieblerinnentrainerherz hätte da sehr gerne Stimmung gemacht und den Leuten dort den Marsch geblasen. Den einzigen Eindruck, den ich Samstag von Miele gewonnen habe? Miele präsentiert sich als übersattes, elitäres und arrogantes Unternehmen. Unangenehm.

Faszinierend, jedes kleine Food-StartUp schafft es mit noch so kleinem Etat informative, herzliche und schöne Kundenevents aus dem Boden zu stampfen, auf denen man sich wohlfühlen und als möglicher Kunde informieren kann.

Mein Eventmanagerherz hätte dort gerne wirklich gerne Stände gesehen und Aktion erlebt, einen Cocktail-Stand, irgendwo eine Crepes-Produktion, Kuchen aus den Öfen, ein Wäschewettbewerb mit Waschbrettern für Kinder, Food serviert – von regionalen Anbietern angeboten. Ich hätte den Besuchern Prosecco oder was auch immer an der Tür in die Hand gedrückt, ich hätte für Partystimmung gesorgt.

Wenn ich als Unternehmen Kunden und künftige Kunden offiziell zu einer Feier einlade, dann hätte ich auch etwas zum Feiern angeboten. Ich hätte für irgendetwas gesorgt, was die Leute spüren lässt, dass man sich als Händler freut, seit fünf Jahren an einem sehr respektablen Ort seine Technik zeigen zu dürfen.

2016-07-10

Die Zeit …

Nächste Woche, am 13., ist S. vier Monate tot. Am gleichen Tag ist meine Mum vor zehn Jahren gegangen.

In beiden Fällen ist noch so viel Unfassbarkeit mit im Raum. Selbst diese Größe im Erleben für das eigene Leben aus der Endlichkeit der anderen Lieben – nicht zu fassen oder zu erfassen. Eine umwerfend große Aufgabe. Ein Hinarbeiten auf die eigene Endlichkeit. Leben.

Nicht oft aber manchmal ist es doch schwer nicht am Grab meiner Mum zu weilen. Ich würde gerne auf Mallorca sein, jetzt oder im September zu ihrem Geburtstag und ein Gespräch vor Ort mit ihr führen. Einige Dinge abschließen. Für mich. Für uns. Vorrangig für mich. Es wird Zeit, es ist wie eine geschlossene Tür auf die zugehen sich nicht lohnt, weil man weiß, sie ist verschlossen. Nun denn …

Man kann sich das nie vorstellen, wie es ist ohne die Mutter zu sein. Oder ohne diese Freundin. Und dann ist man es. Was die Vorstellung kein bisschen näher rücken lässt.

Der Tod ist eine komische Sache. Eine Aufgabe. Für jede Seite.

2016-07-09

Jetzt hab' ich's!

»Er ist Deutscher Amateurgrillmeister, Deutscher Profi Vizegrillmeister und hat an Grillmeisterschaften in Europa und den USA teilgenommen.«

Grillwettbewerbe und -meisterschaften – das sind diese Misswahlen für Männer, nicht wahr?

2016-07-08

Manchmal bin ich auch 'ne fiese Möpp

Oder wie es in unserer Familie gerne hieß: Zimtzicke.

Die letzten drei Wochen war es hier in meinem Wohnumfeld etwas lauter. Also von dem seit Jahren hier fast rund um die Uhr existierenden Baulärm, weil jede Brache bebaut wird, die es hier entlang des Mauerweges so gibt, einmal abgesehen. Berlin ist mittlerweile so hipp, dass Menschen ernsthaft 5.000 € pro Quadratmeter ausgeben, um an einer befahrenden Hauptstraße mit relativ viel Null-Sexappeal – dafür 24-stündigem Notarztwagenverkehr – neben einem Discounter zu wohnen.

Dagegen wohne ich hier schick, obwohl geographisch nur auf der anderen Seite dieser Straße, weil nicht längs, sondern quer zu eben jener und im hinteren Bereich, man könnte es hier beinahe ruhig nennen. In der Flucht zwischen meinem Haus und dem gegenüber liegenden Haus der gleichen Wohnanlage: grün. Also ungepflegter, vor sich hinleidender Rasen mit viel Baumbestand, zwei Walnussbäumen und ein paar mehr Bäumen, viel Vogelbestand, ein paar Hasen, einige Ratten, die regelmäßig vom Kammerdiener bedient werden. Es könnte schlimmer sein.

Es deutete sich im vergangenen Jahr schon an und nun ist es soweit, diese Hofanlage wird gerade aktuell umgestaltet. Deutete sich an heißt, auf dem restlichen anliegenden, recht umfangreichen Gelände der Genossenschaft konnte man an den Veränderungen ahnen, es würde uns auch ereilen. Tut es nun auch. Und zwar mit einer Ankündigung im Stillen Portier, nur fünf Tage später begann man mit dem Baumaßnahmen.

Die kann man nun positiv oder negativ sehen. Die Grünfläche wird/wurde – mehr halbherzig – etwas aufgepoppt, hässliche Büsche dem Boden beraubt, dafür ein Rondell geschaffen mit etwas Grün, umwandert mit viel grauem Gestein, die alte Bank wird wohl von ihrem Standort umgesetzt werden. Sie machen es jetzt so richtig schön für unsere Dealer.

Während andere Rondelle auf dem Gelände mit schickem blühenden Pflanzensortiment bestückt wurde, wurden bei uns heute pflegeleichte Gräser gesetzt. Die „Zufahrtswege”, die laut meinem Mietvertrag nur von Sonderfahrzeugen bzw. für Umzüge überhaupt benutzt werden dürfen, verbreitert, damit vierkommafünf gar nix mehr merkende Nachbarn uns wieder Sonntags ab 7:30 Uhr ihre Blechkisten vor die Balkone stellen können. (Danke der Nachfrage, ja, ich kot…e im Strahl!) Um denen aber nun das Tempo zu rauben beim Vorfahren – was sie eigentlich gar nicht dürfen – hat man nun den älteren Mietern, die mit Rollatoren unterwegs sein müssen oder sonstigen Gehilfen bzw. Rollstuhl, extra Schikanen, nämlich Schwellen, in den Fußweg gebaut. (Nochmal danke der Nachfrage, ja: ich habe Hals!)

Soweit so schlimm. Was mich an dem ganzen Procedere am meisten nervt, ist diese Methode der Nullkommunikation. Hätte man nämlich mal mit uns Mietern – die wir alle auch Anteilseigner sind – im Vorfeld gesprochen und sich unsere Bedürfnisse angehört, hätte das hier ganz anders, viel schöner, vor allem kindgerechter und die nachbarschaftliche Gemeinschaft fördernder werden können. Beispiel: einige von uns Nachbarn wünschen sich eine Boule-Bahn. Kostet nicht viel, hätte man machen können. Anderes Beispiel, hier ziehen nur viele Kinder zu bzw. kommen hier zur Welt, wie schön wäre da (zumal nebenan die Prinzessinnengärten) ein Lehrgarten gewesen?

Und verdammte Hacke – wozu leben wir im Jahr 2016 eigentlich in Zeiten des Internets, wozu hat die Genossenschaft eine Homepage – auf der man solche Dinge ganz simpel und günstig online in einer Art kleinen Wettbewerb hätte organisieren können. Und bevor jetzt wieder irgendwelche Argumente aus der Vorzeit kommen: Meineunter mir lebenden Nachbarn im hohen Alter von an die 80 haben mir neulich ihre Visitenkarten in die Hand gedrückt – mit E-Mail-Adresse. DAS Argument alte Menschen würden nichts ins Web gehen, es zählt einfach längst nicht mehr.

Auf der Grünfläche stehen, seit ich hier wohne, diverse Baumstümpfe von längst, bzw. in den letzten vier Jahren auch noch von mir miterlebt, gefällten Bäumen. Das war insofern kein großes Problem, weil das Gelände eh nicht zwingend zum Aufenthalt aufforderte. Ab und an trafen wir Nachbarn uns auf der traurigen Bank, wenn nicht gerade vom Junkie bevölkert, gelegentlich spielten die Kinder dort. Nun aber installierte man vor jedem Hauseingang Einbuchtungen für neue und vor allem mehr Fahrradständer – sowie das schon beschriebene Rondell. Man möchte also uns Mieter aufrufen das Gelände zu betreten, was eine gewisse neue Umsicht auch nötig macht.

Die man allerdings seitens der Planer etwas außer Acht ließ. So traf man z. B. sichtbare Vorinstallationen für den künftigen neuen Aufenthalt der Bank – direkt neben so einem Baumstumpf. Alternativ vor einer der Hausnummern setzte man den Radstellplatzhafen ebenfalls direkt neben so einem Stumpf. Dort einmal im Dunklen falsch getreten, könnte man echt gut fliegen. Dito bei der Bank: wenn sich da Eltern mit ihren Kinder aufhalten sollen und Kinder drum herum rennen, war eigentlich auch klar, was da schief gehen wird.

Und das sind so Dinge, da stellen sich mir die Nachenhaare hoch. Da bin ich einhundertprozentig sowas von Deutsche!

Ich hatte so eine Ahnung, dass diese Rumgebaue hier ordentlich Geld kostet und war doch dezent betrübt, weil man es offensichtlich nicht richtig machen wollte. Also schrieb ich höflich dem Verwalter und erkundigte mich, ob diese Baumstümpfe noch entfernt würden oder ob das jetzt ernst gemeint sei mit diesem womöglich ungesunden Geiz der Genossenschaft (klar so einen Baumstamm richtig zu entheben, das kostet halt 250-300 Euronen, das mal fünf Baumstümpfe auf dem Gelände …) … oder ob hier nur schlicht Profis bei der Arbeit wären?

Letzteres glaube ich ernsthaft keinen Moment lang, denn die Jungs arbeiten gut und sauber. Vielmehr hatte ich den Eindruck, dass denen das selbst nicht gefiel. Kein Landschaftsgärtner will so etwas gestalterisch hinterlassen. Der Verwalter überließ es dem zuständigen Beauftragten der Genossenschaft meine Anfrage zu beantworten, der das ausreichend von oben herab tat, was womöglich daran liegt, weil er laut Signatur der verantwortliche IT-ler der Genossenschaft ist (ich habe sehr gelacht!), so dass er mein kleines wildes Ego freilegte und ich nach gut fünf überschlafenen Nächten ähnlich von oben herab antwortete.

Seiner Argumentation nach wäre nämlich schweres Gerät vor Ort notwendig gewesen, um diese Stümpfe dem Boden platt zu machen. Und das hätte man eben nicht. Antwortete ich, die ich ja das Tagesgeschehen live miterlebt habe, das schwere Gerät sei sehr wohl ganz am Anfang vor Ort gewesen (und im übrigen würde es immer noch vor Ort gelagert), denn man hätte doch auch tiefes Wurzelwerk einiger altgedienter Sträucher genau so nur entfernen können.

Dann wollte er mir mitteilen, dass diese supertolle Maßnahme immerhin so ca. 30.000 Euro kosten würde – also die Genossenschaft mitnichten geizig wäre und man immerhin diese Maßnahme großzügig auch nicht auf uns Mieter umlegen wollte. Nicht umlegen dürfe, antwortete ich da prompt, da per se aus juristischen Gründen Hofneu- und -umgestaltungen – im Gegensatz zur Hofpflege – nicht auf die Mieter umgelegt werden dürfen.

Dann erklärte ich ihm, dass niemand von der Genossenschaft verlangen würde, die Stämme auf dem tiefen Grund zu heben, aber dass man sie wenigstens mit einer Baumfräse abfräsen könnte. Dass sich so eine Fräse in jedem größeren Bau- bzw. Gartenmarkt ausleihen ließe, was im Vergleich günstige 170,— Euro kosten würde/Tag und ich gerne bereit wäre mitzuhelfen, wenn es nötig sei. (Ist ganz praktisch Menschen mit ordentlich Grundstück und Baumbestand im sozialen Umfeld zu haben. Und ja, ich hätte wirklich gerne mal meinen Spaß mit so einer Fräse gehabt.)

Schlussendlich erklärte ich, dass ich wirklich keine fiese Möpp sein wollte, aber mir schon ein bisschen die Sicherheit der Anwohner – vor allem der Kinder (nicht zu vergessen unsere Junkies und Dealer) – in diesem Fall am Herzen liegen würde und womöglich Schadensersatzforderungen bei etwaigen Unfällen die Gesellschaft teurer kommen könnten. Und ich mir nicht sicher sei, ob diese dann nicht doch auf die Mieter/Anteilseigner umgelegt werden könnten. Und wenn man schon 30.000 Euro für so eine Maßnahme raushauen würde, warum man es dann nicht einfach gleich richtig und schön machen könne?

Die Baumstümpfe sind weg.